Freewing Venom – Erstflug mit „Aussenlandung“

Diesmal sind wir besser vorbereitet als bei früheren Erstflügen. Die Last-Minute-Änderungen halten sich in Grenzen. In der Werkstatt war uns aber entgangen, dass die Lenkung des Bugrads an den Querrudern hängt statt am Seitenrudern. Also gibt es doch noch ein wenig was an unserer neuen Spektrum iX12 zu programmieren.

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Es braut sich aber noch mehr Ungemach zusammen. Natürlich testen wir das Einziehfahrwerk erneut, obwohl wir das Zuhause schon gefühlte 100 Mal getan und uns daran erfreut hatten. Warum der Sequencer gerade jetzt die Krise kriegt bleibt schleierhaft. Beim Einziehen des Bugfahrwerks bleiben jedenfalls die Klappen geschlossen und das Fahrwerk halb eingefahren daran hängen. – Herrgott, brauchen wir wirklich solchen Kinderkram an unseren Modellen!?

Jetzt bloss nicht überreagieren. Zwei, drei Mal am Schalter hin und her hebeln renkt die Sache wieder ein. Nach einem erfolgreichen Ausfahren lässt es sich wieder ordnungsgemäss einfahren. Alles bestens.

Der erste Flug

Dann geht’s los. Der Chefpilot übernimmt und startet mit 3/4 Schub und 30º Klappen gegen den Wind. Es fliegt, und es fliegt gut . Die Freude ist gross.

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Nach einer Platzrunde „säubern“ wir die Konfiguration. Klappen rein, Fahrwerk rein. Alles sieht gut aus. Allerdings nur von weitem. Beim nächsten Vorbeiflug sehen wir das Bugfahrwerk wieder halb draussen in den Klappen des Fahrwerkschachts hängen. Also erneut hin und her hebeln und zur Landung vorbereiten. Glücklicherweise funktioniert das Ausfahren.

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Die Landung gelingt wie aus dem Lehrbuch. Im Gegenwind bekommt die Venom sehr schön Bodeneffekt. Sie gleitet unendlich lange wenige Zentimeter über das perfekt gemähte Gras der Piste (Danke, Kurt!) und setzt sich schliesslich butterweich hin.

Die Trimmungen sind im Flug alle auf 0 geblieben mit Ausnahme des Höhenruders. Da mussten wir nicht weniger als 38 Schritte mehr Höhe ziehen. Mit den 100 g Blei in der Nase glaubten wir die angestrebten 105 mm Schwerpunkt genau getroffen zu haben. Offensichtlich ist es doch etwas zu viel. Zudem dürfte das Malheur mit dem Bugfahrwerk die Nase auch noch etwas nach unten gezogen haben.

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Dabei hätten wir es bewenden lassen sollen, haben wir aber nicht. Die Venom war ja erst knapp 2 Minuten in der Luft. Der Akku ist noch mehr als halb voll und zwei weitere Akkus liegen in der Reserve.

Der zweite Flug

Wir starten also noch einmal mit dem angebrauchten Akku. Der Countdown-Timer nützt so natürlich nichts mehr. Aber wir haben ja noch die Telemetrie mit einem Alarm bei 20 Volt, um den Akku vor der Tiefentladung zu bewahren. Das Fahrwerk lassen wir draussen. Der Pilot wird übermütig und hetzt die Venom trotzdem mit Vollgas übers Gelände. Man kann sich gar nicht satt sehen … und hören, denn klingen tut sie wie ein echter Jet.

Dann kommt, was kommen musste. Die Turbine geht aus, und die Venom wird zum Segler. Zum Glück haben wir noch Strom auf dem Empfänger. Das Eindrehen auf die Piste gerät aber in der Hektik zu eng. Die Venom wird zu langsam. Sie kippt über den linken Flügel in die Kurve und taucht hinter den Büschen am Pistenende Kopf voran ins hoch stehende Getreidefeld. Schei …!

Es folgt eine längere Suche. Wir können das vermutete Absturzgebiet nicht systematisch abgehen. Der Bauer würde sich für die zertrampelte Frucht mit der Mistgabel bedanken. Schliesslich führt die Idee mit der Fernsteuerung und den glücklicherweise auf die Distanz noch hörbaren Servos zum Erfolg.

Im Grossen und Ganzen ist der Zustand der Venom nicht übel. Das Korn hat den Aufprall gedämpft. Das Bugrad hat wahrscheinlich als erstes Bodenkontakt bekommen. Dadurch wurde die Nase nach unten gebogen. Das Ergebnis sind ein paar Risse im EPO-Schaum vor dem Akku-Fach, gebrochene Fahrwerksklappen und etwas „Relief“ in der Aussenhaut um die Nase herum. Das kriegen wir wieder hin. Verkaufen als „so gut wie neu“ geht allerdings nicht mehr. Und mit den Garantieansprüchen für den kaputten Fahrwerks-Sequencer ist’s auch Essig.

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Erste Analyse

Wir haben das Modell nach ca. einer Viertelstunde aus dem Kornfeld bergen können. Der Akku ist immer noch heiss. Nicht warm, sondern heiss. Er hat also ordentlich was mitmachen müssen. Auf Platz messen wir die Restspannung mit einem Lipo-Warner. Dieser zeigt total 19.2 Volt und beklagt für jede Zelle eine Tiefentladung. Den Akku haben wir schlicht und ergreifend über die Untergrenze hinaus leer geflogen. Warum bloss ist der Telemetrie-Alarm nicht rechtzeitig losgegangen?! Es ist doch alles richtig konfiguriert. Wir werden es wohl nie erfahren. „Die von Spektrum RC haben’s einfach nicht drauf!“

Der fast neue, 100-fränkige Akku dürfte mit diesem Vorfall das Zeitliche gesegnet haben. Zuhause schliessen wir ihn trotzdem noch einmal ans Ladegerät an. Zu unserer Überraschung lädt er wieder. Nur um die Lager-Spannung zu erreichen müssen 2080 mAh hinein gepumpt werden. (Bei der späteren Voll-Ladung gehen noch einmal 2050 mAh rein. Dies bei einer Gesamtkapazität von 4300 mAh.)

Und die Moral von der Geschicht

Es gilt eigentlich immer, aber bei Jungfernflügen erst recht:

  1. Wenn auch nur der Hauch eines Zweifels besteht, dass irgend etwas nicht richtig funktioniert, dann lass es bleiben. Was am Boden schon wackelt, versagt im Flug unter Last garantiert.
  2. Ein halb leer geflogener Akku ist nicht halb voll. Bei normalen Flugdauern von ca. 5 Minuten reichen die zweiten 2½ Minuten nicht mehr, um was Gescheites zu machen und mit der nötigen Sicherheitsreserve wieder heimzufliegen.
  3. Überleg dir schon vor dem Start, wie und wo du wieder runter kommst, falls dir der Töff ausgeht. In der Hitze des Gefechts kannst du keine alternativen Landebahnen mehr evaluieren. Und ab und zu in Sicherheit die Segelflugeigenschaften deines Jets oder Warbirds auszuprobieren kann auch nicht schaden.
  4. Wenn der Akku bei 19.8 (6 x 3.3) Volt in den kritischen Bereich kommt und das ESC den Antrieb abgeregelt, nützt ein Telemetrie-Alarm bei 20 Volt nicht viel. Es bleibt keine Zeit mehr.

Und zum Schluss noch dies: Es kann ja sein, dass die iX12 mit ihrer weiterentwickelten Eloquenz zuhause im Bastelkeller durch stetes Quasseln zu nerven beginnt. Dann ist es durchaus zulässig, die Lautstärke der Voice-Alerts bis auf Null herunterzudrehen. Die Anzeige auf dem Display reicht dort völlig aus. Wenn man aber vor dem Erstflug das Wiederhochdrehen vergisst, könnten einem wichtige Informationen entgehen … Spatzenhirn! („Sorry, Spektrum RC“)


Hangar-Eintrag/Baubericht: Freewing Venom  

4 Gedanken zu “Freewing Venom – Erstflug mit „Aussenlandung“

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