Es soll ein Erholungsurlaub werden. Baden, essen, trinken, fertig. – Versprochen! – Das Le Dune Resort heisst aber so, weil es in den Sanddünen von Badesi Marina auf Sardinien liegt: Hänge, welche gegen das Meer abfallen und auflandiger Wind. Da muss doch was gehen. Neben der Badehose gehört also ein Flieger mit Funke ins Gepäck.
Ich fliege das erste Mal mit einem Flieger. … Äh, ich meine, ich versuche zum ersten Mal ein flugfähiges ferngesteuertes Modell im Fluggepäck mitzunehmen. Um den Ball flach zu halten, entscheide ich mich für die Dream-Flight Alula. Die passt sicher ins Gepäck. Und es wurde auf YouTube schon bewiesen, dass sie Küstenfliegerei kann.
Im heimischen Hangar gibt es bereits eine Alula. Diese wurde aber von Sohnemann für den Luftkampf „gehärtet“, sodass sie für den Transport nicht mehr zerlegt werden kann. Die Beschaffung einer neuen Alula liegt noch knapp im Ferien-Budget..
Die Reise-Alula
Ich baue mir also noch schnell eine Reise-Alula. Viel zu tun gibt’s nicht. Sie soll halt schnell montier- und zerlegbar sein. Gebaut wird sie gemäss Anleitung out-of-the-box. Nur für die Verbindung der Anlenkstangen mit den Ruderhörnern verwende ich nicht die Originalteile. Denen traue ich nicht. Stattdessen werden metallene M2-Gabelköpfe verwendet. Die Gewindehülsen sind mit endfestem Epoxidharz auf die Anlenkstangen aufgeklebt. Um den Preis von etwas Zusatzgewicht erhalte ich so eine einfach lösbare und mechanisch fein einstellbare Ruderanlenkung.
Der Rest ist wie gehabt:
- Lemon 6-Kanal-DSMX-Empfänger, ohne Gehäuse in transparenten Schrumpfschlauch eingeschweisst
- Zwei Servos, von der kaputten Libelle geerbt
- 7.5 Gramm Trimgewicht neben dem Akku platziert
- Drei 300 mAh NiMH-Akku, ebenfalls von der Libelle geerbt, resp. von der zweiten Alula ausgeborgt
An den Verbindungsstellen zwischen dem Rumpf und den Flügeln klebe ich an vier Stellen jeweils auf beiden Teilen transparente Folie auf, ohne aber die Teile zusammenzukleben. An diesen Stellen werde ich bei der Montage die Verbindung mit Klebestreifen zusätzlich sichern. Die Schrauben am Holm werden die Flügel unter „härteren Einsatzbedingungen“ nicht halten können. Die Folie dient nur dazu, das Klebeband beim Zerlegen des Modells ohne Beschädigung der Oberflächen wieder ablösen zu können.
In diesem Ausbau-Stand passt die Alula immer noch in ihre Schachtel. Man könnte sie also auch so transportieren. Die Schachtel ist mit 49 x 27 cm nicht riesig. Sie würde sogar noch ins Handgepäck passen. Allerdings ist sie etwas sperrig und man verschenkt einiges an Volumen. Ich lasse sie deshalb Zuhause.
Eingepackt wird das hier: Ein luftgepolsterter Beutel mit den Flügeln und dem Leitwerk und ein Plastikbeutel mit Rumpf und etwas Zubehör. Der Kreuzschraubenzieher ist das einzige Werkzeug, welches für die Montage benötigt wird. Die Rumpf-Flügel-Verbindungen sind mit Schrauben gesichert. Zusätzlich dient er beim Einhängen der Anlenkstangen in die Ruderhörner zum „murksfreien“ Spreizen der Gabelköpfe. Die DX9 wird in der etwas unförmigen aber platzsparenden Sender-Tasche von Atomik transportiert.
Der Lufttransport
Nun ist das ja so eine Sache: Fernsteuerungen mit ihren Elektronik-Komponenten sehen auf den Röntgenschirmen am Flughafen aus wie Bombenzünder. Und dass Lipo-Akkus gelegentlich abbrennen hat sich bei den Fluggesellschaften auch schon herumgesprochen. Es empfiehlt sich also dringend, die einschlägigen Vorschriften der Flughäfen und der Airlines genau zu prüfen.
- Flügel und Leitwerk sind ungefährlich. Zu ihrem eigenen Schutz packe ich sie zwischen die Kleider im Koffer.
- Der Rumpf mit den Servos, dem Empfänger und einem installierten 300-mAh NiMH-Akku nehme ich ins Handgepäck, ebenso die zwei Reserve-Akkus.
- Der DX9-Sender mit seinem 2000 mAh Lithium-Ionen-Akku kommt ebenfalls ins Handgepäck.
- Es dürfen nur Akkus mit Kapazitäten von insgesamt 160 Wh (Watt-Stunden) mitgenommen werden. Der DX9-Akku hat 14.8 Wh, die 3 Empfängerakkus je 1.44 Wh. Also kein Problem.
- An Werkzeug benötige ich nur das kleine Besteck: Schraubenzieher für die Flügelbefestigung und das Aufspreizen der Gabelköpfe an den Rudern, Schere fürs Klebeband. Das könnte man als Waffen einsetzen. Zusammen mit dem Klebeband für die Montage und dem UHU Por für kleinere Reparaturen gehören die Werkzeuge in den aufgegeben Koffer.
Den Check-In versuchen versuche ich in folgendem Set-Up:
Handgepäck: |
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Koffer: (aufgegeben) |
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Das klappt bestens. Weder auf dem Hin- noch auf dem Rückflug interessiert sich jemand ernsthaft für die Ausrüstung.
Das Fluggelände
Die Idee mit den Dünen als Segel-Hang war fliegerisch gesehen sehr gut. Die Erwartung hingegen, die Grundstücke der Küste entlang seien für den ehrgeizigen Hangsegler frei zugänglich, erweist sich als etwas naiv. Wie bei uns ist alles in Privatbesitz, umzäunt und video-überwacht. „Atenti al cane!“ heisst übrigens „Warnung vor dem Hunde!“. Das lernt man hier auf die harte Tour.
Der Zentraleuropäer vermisst auch schnell die saftigen grünen Wiesen, welche sich als Landebahn verwenden lassen. Die Böden hier sind hart, karg und grossflächig mit zähem Gestrüpp bewachsen. Ein kleiner Abstecher zu Fuss in diese Macchia, wenn zum Beispiel eine Alula ein paar Meter vom rechten Weg abgekommen ist, führt schnell und sicher zu „tiefschürfenden Erfahrungen“. Doch davon später mehr.
Macchia ist die vorherrschende Vegetationsform auf Sardinien, wie auch in den meisten anderen Mittelmeer-Ländern. Die Wälder sind schon seit langem abgeholzt. Der Humus ist weggeschwemmt, die Landschaft ausgetrocknet und versteppt. Ausser niedrigen, knorrigen Nadelgewächsen, dornigem Gestrüpp und ab und zu ein paar Feigenkakteen wächst da kaum mehr was von selbst. Vor allem in den niedrigen Lagen ist die Macchia ein Dickicht, welches für die Touristen vom klimatisierten Auto aus durchaus schön anzuschauen ist. Darin herumgehen möchte man allerdings nicht, schon gar nicht in sommerlich leichtem Tenü mit kurzen Hosen. Und brennen tut das Zeug wie Zunder. Das hört man jeden Sommer wieder in den Nachrichten.
Nach einem längeren Fussmarsch dem Strand entlang entdecke ich fernab der touristisch erschlossenen Strände doch noch ein geeignetes, für die Öffentlichkeit zugängliches Gelände. Es liegt auf einer schütter bewachsenen ausreichend steilen Sanddüne ca. 15 Meter über dem Meer.
Die Elemente
Die Küste von Badesi Marina liegt auf Sardiniens Wetterseite. Das Meer, die Flaggen, die Sonnenschirme und die fehlenden Badegäste sagen deutlich: Zu viel Wind für die Alula. Der Wind kommt aber aus der richtigen Richtung, und die segelnden Möven sagen: Easy!
Wir bleiben vorsichtig und warten die halbe Woche auf die passenden Verhältnisse. Die Alula ist halt noch funkelnagelneu. Der Wind gefährdet aber nicht nur den Flieger. Alles was nicht niet- und nagelfest ist wird weggepustet. Sand und Staub dringen überall ein. Das ständige Knirschen zwischen den Zähnen nervt. Doch dann reisst der Geduldsfaden.
Der Flugtag
Zwar zeigen Frisur und Hose des Test-Piloten immer noch zuviel Wind an. Ebenso der Sandsturm vom Strand her, sichtbar in der linken oberen Ecke des Bildes. Der lokale Wetterdienst hat für die Küste knapp 20 Knoten oder 5 Beaufort angesagt. Aber jetzt geht’s los!
Zu werfen braucht man die Alula nicht. Einfach Nase in den Wind und loslassen. Im Bruchteil einer Sekunde hat sie 5 Meter über Boden. Die Böen fordern die Reaktionsfähigkeit eines Squash-Spielers. Leider nützt alles Drücken nichts. Sie ist zu langsam und kommt nicht gegen den Wind an. Eine Aussenlandung ein gutes Stück hinter dem Piloten ist unausweichlich. In weiser Voraussicht haben wir einen Startplatz mit ausreichend Sturzraum nach hinten gewählt. Eine Expedition in die Macchia bleibt uns vorerst erspart.
Wie weiter? – Die Alula ist nicht für die Aufnahme von Ballast eingerichtet. Einfach einen grossen Stein unter den Rumpf kleben wollen wir auch nicht. Schneller fliegen geht also nicht. Deshalb versuchen wir es mit Plan B: „Unter dem Wind fliegen“. Genügend nahe am Boden dürfte der Wind nicht so stark sein. – Oder?! – Auf diese Weise handeln wir uns doch noch zerkratzte Beine ein. Wir brechen die Übung für heute ab, geben uns aber noch nicht geschlagen.
Leider geht der Urlaub unaufhaltsam zu Ende. Am Nachmittag des letzten Tages wird der Wind spürbar schwächer. – Jetzt oder nie! – Bis wir allerdings mit der Alula auf der Düne stehen, ist der Wind ganz weg. Die Flaggen hängen unbeweglich an den Masten, als müssten sie sich von den vergangenen turbulenten Tagen erholen. In der Flaute spürte man jetzt auch die unerbittliche Sonneneinstrahlung mit 40 Grad im Schatten, welchen es hier oben nirgends gibt. Fluchtartig retten wir uns in den Pool. Es sollten ja ohnehin Badeferien werden.
Das Fazit
Alles in allem sind wir in dieser Woche eine knappe Minute geflogen. Man könnte enttäuscht sein, bin ich aber nicht.
Die Alula inkl. allem benötigten Zubehör haben wir erfolgreich mit dem Billigflieger Air Berlin nach Sardinien geschafft, und wieder zurück. Das Gelände war befliegbar. Dass das mit dem Wind nicht gepasst hat, war halt Pech. Das nächste Mal …, dann vielleicht mit gröberem Gerät.
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